Die Problematik der Gesamtwahl
Die Gesamtwahl in der Mitgliederversammlung zur Wahl von Vereinsorganen, bei der mehrere Ämter in einem einzigen Wahlgang vergeben werden, stellt eine potenzielle Problemquelle dar.
Grundsätzlich erfolgt die Wahl von Vereinsorganen nach dem Prinzip der Einzelwahl, bei der für jede Amtsposition separat abgestimmt wird. Eine Gesamtwahl ist zwar auch ohne ausdrückliche Satzungsregelung möglich, jedoch bedarf sie dann eines Beschlusses der Mitgliederversammlung.
Bei einer Gesamtwahl werden mehrere Einzelwahlen in einem Wahlgang zusammengefasst, sodass jedes Mitglied in diesem einen Wahlgang die Kandidaten mittels eines einzelnen Stimmzettels auswählt. Eine besondere Herausforderung ergibt sich hierbei aus der Enthaltung. Während bei einer Einzelwahl jedes Mitglied die Möglichkeit hat, sich zu enthalten, ist dies bei der Gesamtwahl nur auf gesamtheitlicher Ebene möglich. Es kann sich also entweder für alle Ämter oder für keines der Ämter enthalten werden.
Zudem müssen die zur Wahl stehenden Ämter gleichrangig sein. Das bedeutet, dass keine Position höherwertiger als eine andere ist, da dies zu Unklarheiten führen könnte.
Ein weiteres Problem entsteht bei der Stimmenvergabe. Eine Gesamtwahl erfordert, dass eine absolute Mehrheit erzielt wird, also mehr als 50 % + 1 Stimme der abgegebenen Stimmen. Doch bei einer Vielzahl von vergebenen Ämtern kann dies zu Verzerrungen führen. Wenn beispielsweise zwei Kandidaten für mehrere Ämter gewählt werden, könnten sich die Prozentsätze der Stimmen aufsplitten – z.B. 30,3 % für den einen und 30,7 % für den anderen – was zu Streitigkeiten über den tatsächlichen Wahlgewinner führen kann.
Es muss außerdem geklärt werden, wie viele Ämter letztlich vergeben werden und wie viele Stimmen jedes Mitglied vergeben darf. Bei einer Gesamtwahl darf grundsätzlich keine Stimmhäufung erfolgen, was bedeutet, dass einem Kandidaten nicht mehrere Stimmen für unterschiedliche Ämter zugewiesen werden dürfen. Diese Regelung kann die Durchführung der Wahl erschweren, falls die wählenden Mitglieder darüber zuvor nicht aufgeklärt wurden.
Insgesamt birgt die Gesamtwahl, trotz ihrer praktischen Vorteile, mehrere rechtliche und organisatorische Herausforderungen, die einer genauen Satzungsregelung bedürfen, um einen klaren und unstrittigen Ablauf zu gewährleisten. Die Mitgliederversammlung muss sich vor der Wahl mit diesen Fragen auseinandersetzen und gegebenenfalls entsprechende Regelungen treffen, um spätere Unstimmigkeiten, die zur Ungültigkeit der Wahl führen könnten, zu vermeiden.
Autoren
Josef Renner, LL.M.
Steuerjurist
CHP Rechtsanwalt & Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, München
Homepage: https://www.npo-experts.de/
Sienna Strebe
Studentische Hilfskraft
CHP Rechtsanwalt & Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, München
