Höhe der Geschäftsführervergütung bei gemeinnützigen Organisationen – Besprechung der Entscheidung des BFH vom 12. März 2020 (Az.: V R 5/17)

14.01.2021 | Josef Renner

Inhalt
  1. 1. Grundsätze
  2. 2. Entscheidung des BFH vom 12. März 2020 (Az.: V R 5/17)
  3. 3. Unsere Einordnung
  4. 4. Empfehlungen für die Praxis

1. Grundsätze

Die Vergütung von Geschäftsführern bei gemeinnützigen Organisationen unterliegt den Regelungen des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Zuwendungsrechts.

So hat für die Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft eine selbstlose Zweckverwirklichung zu erfolgen. Das in § 55 AO normierte Gebot der Selbstlosigkeit sieht unter anderem vor, dass keine Person durch zweckfremde oder unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden darf (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO). Die Darlegungslast der Einhaltung des Gebotes der Selbstlosigkeit trifft hierbei die steuerbegünstigte Organisation (BFH, Beschluss vom 8. Dezember 2014 - I B 95/04, N/V 2005, 160).

Im Zuschussbereich gilt bei einer überwiegend institutionellen Finanzierung (ANBest-I, Abschnitt 1.3) sowie bei Projektzuschüssen (ANBest-P Abschnitt 1.3) hinsichtlich der Vergütung von Geschäftsführern das Besserstellungsverbot, auch „equal pay“ genannt. Dies bedeutet, dass Zuwendungsempfänger ihre Beschäftigten nicht besserstellen dürfen als vergleichbare Bedienstete des Zuschussgebers.

2. Entscheidung des BFH vom 12. März 2020 (Az.: V R 5/17)

Mit Urteil vom 12. März 2020 (Az.: V R 5/17) hat der BFH zur fehlenden Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohen Geschäftsführervergütungen Stellung genommen.

Die Klägerin war eine steuerbegünstigte Körperschaft. In den Veranlagungszeiträumen 2008 bis 2010 betrug das mit der Klägerin vereinbarte Gehalt inkl. Nebenleistungen wie PKW-Überlassung und Versorgungszusage zwischen EUR 243.564 und EUR 283.235. Der Geschäftsführer übernahm seit dem 1. Januar 2008 zudem die Geschäftsführung bei weiteren mit der Klägerin verbundenen Körperschaften, für die er jedoch kein Gehalt bezog.

Der BFH nahm einen Verstoß gegen das sog. Drittbegünstigungsverbot, das Ausfluss des Grundsatzes der Selbstlosigkeit ist, an. Demnach darf keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 AO). Der BFH stellte zunächst fest, dass für die Bestimmung der „Unverhältnismäßigkeit“ der Vergütungshöhe die im Bereich der verdeckten Gewinnausschüttung („vGA“) entwickelten Grundsätze Anwendung finden. Demzufolge ist die obere Grenze der noch verhältnismäßigen Vergütung durch einen sog. Fremdvergleich zu ermitteln. Als Vergleichsmaßstab können hierbei auch die Gehälter nichtsteuerbegünstigter Unternehmen herangezogen werden. Bei Mehrfach-Geschäftsführung fordert der BFH einen Abschlag, da der Geschäftsführer seine Arbeitskraft nicht ausschließlich einem Arbeitgeber widmen kann. Unverhältnismäßig ist ein Gehalt jedoch nur, wenn es den oberen Rand der ermittelten Bandbreite übersteigt. Da erst ein krasses Missverhältnis der Gesamtvergütung zu einer vGA führt, führt auch nur ein Überschreiten der Angemessenheitsgrenze um mehr als 20 % zu einer unverhältnismäßig hohen Vergütung.

Für die Aberkennung der Gemeinnützigkeit gebietet jedoch das Verhältnismäßigkeitsprinzip auch bei unverhältnismäßigen Vergütungen einen Bagatellvorbehalt. Demzufolge führen geringfügige Mittelfehlverwendungen nicht zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Vorliegend nahm der BFH bei einer Mittelfehlverwendung in Höhe von EUR 3.000,00 unter Rücksicht auf das Verhältnis zur Gesamttätigkeit der Klägerin keine Mittelfehlverwendung an. Eine Mittelfehlverwendung von mehr als EUR 10.000,00 sieht der BFH jedenfalls nicht mehr als geringfügig an.

3. Unsere Einordnung

Zwar hinkt der Vergleich zwischen einer vGA und einer Mittelfehlverwendung, da sich die Konsequenzen der Aberkennung der Gemeinnützigkeit und der Nachversteuerung doch erheblich unterscheiden (von Holt, in: Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, § 55 AO, Rn. 114). Allerdings gibt der BFH dem Non-Profit-Bereich mit der Anwendung der Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung zumindest eine taugliche Anleitung zur Hand. Mit Hilfe der zur verdeckten Gewinnausschüttung entwickelten Grundsätze können im Non-Profit-Bereich Vergütungsvereinbarungen nun künftig sicherer gestaltet werden.

4. Empfehlungen für die Praxis

In der Praxis ist darauf zu achten, dass bei der Ermittlung der für den Fremdvergleich maßgeblichen Vergütung auch sämtliche Bestandteile in zutreffender Höhe miteinbezogen werden. So hatte in der oben dargestellten Entscheidung die Klägerin die Versorgungszusage unzutreffend ermittelt. Denn nach Auffassung des BFH sind Vorsorgezusagen mit einer fiktiven Jahresnettoprämie, also den ersparten Aufwendungen des Bezugsberechtigten, und nicht mit den jährlichen Zuführungen des Arbeitgebers zu einer entsprechenden Rückstellung zu bewerten. Besonderer Augenmerk ist auch auf die Methodik, Konsistenz, Belastbarkeit und Vergleichbarkeit etwaiger Vergütungsstudien zu legen. Ggfs. sollte eine entsprechende Anpassung der Studien durch Sicherheitsaufschläge bzw. -abschläge erfolgen.

Allerdings dürfen die Ausgaben für die allgemeine Verwaltung einschließlich Ausgaben im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen nicht unangemessen hoch sein (AEAO zu § 55, Abschnitt 19). Die Grenze der Angemessenheit ist nach Auffassung der Finanzverwaltung jedenfalls überschritten, wenn die Mittel überwiegend für die Verwaltung und das Fundraising statt für die Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden (BFH, Beschluss vom 23. September 1998, I B 82/98, BStBl. II 2000, 320).

Autor
Josef Renner
Steuerjurist
CHP Rechtsanwalt & Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, München
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