Zulässige Formen der Wahlabhaltung
Der bestimmbare Kreis der zulässigen Wahlformen ohne Satzungsregelung erstreckt sich nur auf zwei Formen. Werden Wahlformen in der Satzung des Vereins geregelt, sind weitere Formen zulässig und der Kreis erweitert sich erheblich. Eine Regelung der zulässigen Wahlformen in der Satzung ist also empfehlenswert.
Grundsätzlich erfolgt die Wahl als Einzelwahl, wenn die Mitgliederversammlung nicht eine andere zulässige Wahlform mehrheitlich beschließt. Bei der Einzahlwahl wird immer nur über ein Vereinsamt (z. B. Vorstandsvorsitzender oder Schatzmeister) durch Mehrheitsbeschluss abgestimmt. Abstimmen bedeutet hier die Abgabe von Stimmen für und gegen den Kandidaten sowie Enthaltungen. Jedes Mitglied hat nur eine Stimme, was bei Abstimmungen per Handzeichen unproblematisch ist, aber bei Ausgabe von Stimmzetteln dazu führt, dass ein Stimmzettel ungültig ist, wenn mehr als ein Kandidat für das zu wählende Vereinsamt angekreuzt bzw. eingetragen wird.
Zur Vereinfachung des Ablaufs der Einzelwahlen von verschiedenen Vereinsämtern (z. B. Vorstandsvorsitzender, Stellvertreter, Schriftführer oder sonstige Funktion) kann durch Mehrheitsbeschluss der Mitgliederversammlung eine zusammengefasste Wahl stattfinden. Diese ist keine eigenständige Wahlform, sondern ermöglicht es, die Wahl auf einem Stimmzettel zusammenzufassen. Jedes Mitglied hat eine Stimme pro Vereinsamt. Bei einer Gesamtwahl werden mehrere Einzelwahlen von Vereinsämtern mittels Stimmzettel in einem Wahlgang zusammengefasst. Die hierbei zusammengefassten müssen sich auf gleichrangige Vereinsämter beziehen, z. B. vier gleichberechtigte Vereinsvorstandsmitglieder oder zwei Delegierte. Hierbei hat jedes Mitglied die Möglichkeit, in einem Wahlgang diejenigen Kandidaten in Ämter zu wählen, die es auch bei der jeweiligen Einzelwahl gewählt hätte. Ein Mitglied hat so viele Stimmen, wie Vereinsämter zu vergeben sind.
In einer Blockwahl müssen so viele Bewerber auf einem Stimmzettel gewählt werden, wie gleichrangige Vereinsämter zu besetzen sind. Eine Stimmabgabe für weniger Kandidaten, als es Ämter gibt, ist unzulässig.
Bei der Listenwahl mit relativer Mehrheit erfolgt eine Auswahl aus einer Kandidatenliste für eine bestimmte Anzahl gleichrangiger Vereinsämter (z. B. vier gleichberechtigte Vereinsvorstandsmitglieder). Die größte Stimmzahl für einen Kandidaten entscheidet über dessen Wahl in eines der Vorstandsämter. Es werden so viele Kandidaten gewählt, wie Ämter zu vergeben sind. Erreicht keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit, wird zwischen den führenden Kandidaten eine Stichwahl durchgeführt und dadurch ein nachfolgender Wahlgang zugelassen.
Bei Stichwahlen wird der Kandidat gewählt, der die meisten Stimmen im nachfolgenden Wahlgang erhält. Durch diese Satzungsregelung wird bei Stimmgleichheit die Unmöglichkeit der Wahlentscheidung vermieden und daher das Scheitern der Abstimmung verhindert.
Weiter mögliche Verfahren auf Satzungsgrundlage wären eine Listen-Mehrheitswahl, eine gemäßigte Blockwahl, die strikte Blockwahl, eine En-bloc-Abstimmung, eine Stimmhäufung oder eine Entscheidung durch Los etc. Andere Wahlformen als die Einzel- und Gesamtwahl sollten in der Satzung genau bestimmt werden, um den Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, die Wahlform im Verein nachvollziehen zu können. Die Form der Wahl sollte auf den jeweiligen Verein und seine individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sein.
Für jede der genannten Wahlformen sind besondere Formen der Stimmabgabe zulässig, wenn eine Satzungsgrundlage besteht. Die Briefwahl kann auf jede Wahlform angewendet werden und ermöglicht eine schriftliche oder elektronische Beschlussfassung bezüglich der zu besetzenden Vereinsämter. Sie ist ohne die Durchführung einer Versammlung gültig. Auch die digitale Abstimmung in einer virtuellen Mitgliederversammlung wäre zulässig. Für Wahlen jeder genannten Form kann eine entsprechende Online-Plattform im Internet bereitgestellt werden, die den Versammlungsraum ersetzt. In diese können sich die Vereinsmitglieder über Zugangsdaten einwählen und einer Art elektronischen Wahl abstimmen. Vorsorglich sollte als Alternative zur virtuellen (digitalen) Mitgliederversammlung die Möglichkeit einer klassischen Mitgliedersammlung in der Satzung vorgesehen werden.
Autoren
Josef Renner, LL.M.
Steuerjurist
CHP Rechtsanwalt & Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, München
Homepage: https://www.npo-experts.de/
Sienna Strebe
Studentische Hilfskraft
CHP Rechtsanwalt & Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, München
